1975 veranstaltete die theologische Hochschule der Jesuiten in Brüssel (Institut d’Etudes théologiques IET) ein Seminar über die Spiritualität der Bewegung ATD Vierte Welt. Joseph Wresinski sprach über die christlichen Wurzeln dieser pluralistischen Bewegung und entwarf ein von den Ärmsten ausgehendes Gesellschafts- und Kirchenprojekt.
Sie haben mit eine Reihe von Fragen gestellt, wie zum Beispiel: Sind Sie eine politische Bewegung? Was heißt es, die Benachteiligten seien unsere Lehrmeister? Wie verdeutlicht sich durch die Subproletarier das Heil, das in Jesus Christus gegeben ist?
Ich habe versucht, mittels dieser und zahlreicher anderer Fragen Ihr Anliegen zu verstehen. Ich glaube, es entspricht dem Anliegen aller Christen in unserer Bewegung. Auch diese verspüren nämlich das Bedürfnis, den Zusammenhang zwischen zwei Engagements zu klären, von denen das eine – im weiten Sinne des Wortes – politisch und sozial ist, das andere spirituell. Das ist nicht leicht in einer pluralistischen Bewegung wie der unseren, deren Mitglieder aus verschiedenen philosophischen und religiösen Richtungen
kommen.
Wir sind aufgerufen, uns hier gegenseitig zu respektieren mit unseren Idealen, unseren religiösen Überzeugungen, unserem Glauben, unserem Engagement. Das ist übrigens einer der Gründe, warum ATD nicht immer einfach zu leben ist, obwohl diese Vielfalt andererseits auch unschätzbare Reichtümer und gegenseitige Ergänzungen mit sich bringt.
Ich hoffe, die Christen der Bewegung ATD Vierte Welt nicht zu verraten, wenn ich gleichwohl versuche, Ihnen einige Elemente einer Antwort zu geben.
Wir wollen zunächst von dem sprechen, was wir als „das Volk der Vierten Welt“ bezeichnen. In den Augen der Christen, die im Kampf dieses Volkes engagiert sind, gibt es nicht nur eine symbolische Verbindung zwischen dem Subproletariat und dem Evangelium. Für sie leben, sprechen und handeln die Subproletarier in der Heiligen Schrift, sie treffen sie dort auf jeder Seite an.
Dies erklärt vielleicht jene Haltung, die unsere Beziehungen zu den Familien der Vierten Welt zu charakterisieren scheint: eine Art instinktiven Respekt, gepaart mit Vertrauen und Familiarität.
Es ist wie ein Widerschein unserer Haltung gegenüber Christus.
Im zweiten Teil werden wir entdecken, was dieses Volk uns mehr allgemein über unsere Gesellschaftsmodelle und sicher auch über unsere Kirchenmodelle lehrt.